Das Internet.
Unendliche Weiten.
Wir schreiben das Jahr 2011.
Dies sind die Abenteuer der deutschen Bundesregierung, die mit einer 16 Mann (und Frau) starken Besatzung 4 Jahre lang unterwegs ist, um neue Gefahren zu erfinden, neue Gesetze und Reglementierungen.
Viele Lichtjahre von der Realität entfernt dringt die Bundesregierung dabei in Maßnahmen vor, die nie ein Mensch zuvor für möglich gehalten hätte...
|
(Mal ganz frei nach einer bekannten Science-Fiction-Serie)
Samstag, 19. Februar 2011 - So langsam scheint es unseren Politikern zu dämmern, dass sie das Internet bisher vollkommen falsch eingeschätzt haben.
Nachdem die Existenz dieses neuen Mediums von der Politik über Jahre hinweg regelrecht ignoriert wurde, begann man vor einiger Zeit völlig panisch, dieses vollkommen undeutsche Chaos im virtuellen Netz gesetzlich regeln zu wollen. Und was eignet sich zur Einführung drastischer Maßnahmen besser, als zunächst einmal Angst und Schrecken zu verbreiten? Das Internet sei ein Rückzugsort für Verbrecher, allen voran Kinderschänder und Terroristen. Dagegen müsse man nun endlich einschreiten.
Viele der Behauptungen waren vollkommen aus der Luft gegriffen. Doch so glaubte man, in der Bevölkerung den nötigen Rückhalt für Gesetzesverschärfungen zu finden. Die Geschichte hat schließlich gezeigt, dass diese Taktik immer wieder Erfolg bringt.
Im Falle des Internets haben fachkompetente deutsche Politiker wie "Zensursula" von der Leyen und Wolfgang Schäuble zunächst einmal versucht, die unglaublichen Gefahren des Internets aufzuzeigen. Dabei gerieten neben den offensichtlich an jeder Ecke lauernden islamistischen Terroristen auch jene Schwerverbrecher ins Visier, die doch tatsächlich in der Lage sein sollen, eine Internetseite trotz staatlicher Sperrung aufzurufen.
Nachvollziehbar, denn wer sich (anscheinend im Gegensatz zu unseren Politikern) mit Computern und der Nutzung des Internets so gut auskennt, dass er in den Einstellungen seines Internetbrowsers den einen oder anderen Haken setzen kann, der muss denen, die nicht über dieses Wissen verfügen, völlig suspekt erscheinen. Computernutzer, die so ein Fachwissen anwenden können, vergehen sich ganz bestimmt auch an kleinen Kindern. Um diesem potentiellen Übel zu begegnen, hat man diesen Bevölkerungsteil vorsorglich in die Ecke krimineller Organisationen gerückt.
Es ist kein Witz - die logische Schlussfolgerung unserer Regierung lautete tatsächlich: Im Internet müsse es eine "Millionenindustrie pädophiler Schwerverbrecher""Leyen-hafte" Propaganda auf Youtube geben.
Aber das war nicht die einzige Fehleinschätzung der deutschen Politik zum Thema Internet. So gibt es schon länger ernsthafte BestrebungenNein, es ist leider kein Scherz!, die Deutsche Nationalbibliothek sämtliche deutschsprachige Internetseiten speichern zu lassen. Einschließlich der Seiten, die nur über einen passwortgeschützten Zugang erreichbar sind. Die Seitenbetreiber sind zur Mitarbeit verpflichtet, es drohen sonst bis zu 10.000 Euro Strafe!
An sich ist es ein lobenswerter Gedanke, auch digitale Zeitdokumente für die Zukunft sichern zu wollen. Aber gleich alle deutschsprachigen Internetseiten, selbst passwortgeschützte Inhalte gegen den Willen der Autoren? Wie war das doch gleich noch mal mit dem Urheberrecht? Außerdem würde mich interessieren, ob man sich schon mal ernsthafte Gedanken darüber gemacht hat, dass das Internet aus einer wechselnden Anzahl weltweit vernetzter Rechner besteht. Deutschsprachige Inhalte sind nicht zwangsläufig auf deutschen Servern abgelegt. Abgesehen davon können sich die Inhalte in kürzester Zeit immer wieder ändern. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis den zuständigen Stellen die Undurchführbarkeit ihrer Mission bewusst wird.
Zum Thema "Fachkompetenz unserer Politiker" gibt es noch ein interessantes VideoPeinlich, peinlich! bei Youtube. Da wollten Kinderreporter von Politikern einfache Begriffe aus der Computerwelt erklärt haben. Heraus kam eine peinliche Veranstaltung, deren Brisanz den betroffenen Politikern anscheinend nicht klar zu sein scheint. Was für ein Armutszeugnis! Und diese Fachleute wollen die Nutzung des Internets durch neue Gesetze reglementieren? Zu unserem Schutz natürlich...
Der aktuellste Versuch deutscher Politiker, die Realität zu ignorieren, sind die geplanten "Öffnungszeiten"Was soll man dazu noch sagen... für bestimmte Internetseiten. Dabei geht es um "nicht altersgemäße Inhalte". Betreibern solcher Internetseiten soll ernsthaft vorgeschrieben werden, ihre Online-Auftritte entweder mit einer Altersfreigabe zu versehen (was Minderjährige garantiert vom weiteren Betrachten der Seiten abhalten wird) oder alternativ nur bestimmte Sendezeiten z.B. in den Nachtstunden zu nutzen.
Da scheint es also immer noch Menschen zu geben, die glauben, dass die Erde eine Scheibe ist. Denn wäre sie ein Kugel, dann wäre ja zu jeder Zeit irgendwo auf der Welt Tag. Und da überall auf der Welt irgendwo deutsche Staatsbürger leben, die mit deutschen Gesetzen geschützt werden müssen, dürften solche Webseiten demnach nie auf Sendung gehen!
Und da wir gerade von den Inhalten reden: Welche Auftritte sollen eigentlich mit "ab 18" markiert werden? Es geht keinesfalls nur um Seiten mit Nackedeis. Nein, da reicht schon ein Forum oder auch nur die Einbindung eines Gästebuchs. Schließlich kann ein Seitenbetreiber nicht rund um die Uhr kontrollieren, welche Kommentare dort hinterlassen werden.
Vollkommen überrascht waren unsere Politiker Ende 2010, als sie merkten, dass das Internet nicht nur in China oder inzwischen auch in arabischen Ländern zu unkontrollierbaren Kritikäußerungen oder zur Veröffentlichung geheimer und kompromittierender Dokumente genutzt wird. Das geht auch bei uns, wie uns Wikileaks vorgeführt hat. Und da hört der Spaß natürlich auf! Die Meinungsfreiheit in China ist uns sehr wichtig und muss daher unaufhörlich angemahnt werden. Aber bei uns darf sie schon mal ein wenig eingeschränkt werden, wenn unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht kommen.
Das aktuellste aber sicherlich nicht letzte "Opfer" des Internets ist unser Noch-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Es existiert der Vorwurf, er habe seine Doktorarbeit teilweise abgeschrieben. Zwar sprach er selbst anfangs lediglich von ein paar vergessenen Fußnoten. Doch obwohl der Verlag, der seine Arbeit bisher veröffentlicht hat, diese ganz plötzlich aus dem Angebot nahm, kann man sie nun trotzdem weltweit im Internet nachlesen und dabei feststellen, dass tatsächlich ein Großteil seiner Arbeit verdächtige Übereinstimmungen mit zuvor veröffentlichten Werken anderer Autoren aufweist. Nachweislich hat er dabei sogar Rechtschreibfehler übernommen.
Würde man allein die aktuelle Verbreitung seiner Doktorarbeit zugrunde legen, könnte man sie mittlerweile als "Bestseller" bezeichnen.
Außer der bloßen Verbreitung von Dokumenten eröffnet uns das Internet noch eine ganz andere Möglichkeit: Lehrer wissen schon länger, dass man das Internet auch zur Suche nach Beweisen für abgeschriebene Schüler-Aufsätze nutzen kann. Es gibt Seiten, die das Internet nach bestimmten Wortkombinationen durchsuchen und die dazugehörigen Quellen herausfinden können. Und genau diese Möglichkeit haben wir jetzt auch mit Herrn zu Guttenbergs Doktorarbeit.
Anstatt sich also nur die Meinungen anderer anzuhören, kann sich nun dank es Internets jeder ein eigenes BildDas Guttenplag-Wiki von den Vorwürfen machen.
Ob unser Verteidigungsminister bei seiner Amtseinführung damit gerechnet hat, dass sich seine Tätigkeit überwiegend auf die eigene Verteidigung beschränken wird?
Bevor ich jetzt böse Mails erhalte: Kein Mensch ist perfekt und jeder begeht mal den einen oder anderen Fehler, das gilt natürlich auch für Herrn zu Guttenberg. Aber wer in der Politik tätig ist und anderen Menschen seine eigenen moralischen Vorstellungen in Form neuer Gesetze aufdrängen möchte, der sollte wenigstens selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass die Bundeswehr eigene Universitäten unterhält. Was sollen die dortigen Studenten davon halten, dass sich ihr oberster Chef seinen Doktortitel nachgewiesenermaßen erschummelt hat?
Dienstag, 22. Februar 2011 - Nachtrag:
Mittlerweile hat Herr zu Guttenberg Fehler eingeräumt und angeboten, seinen Doktortitel zurückzugeben. Dafür ist aber auch bekannt geworden, dass er sich beim Kopieren teilweise sogar aus Quellen der Bundesregierung bedient haben soll. Wenn sich dieser Vorwurf bewahrheitet, wäre das ein Fall von Amtsmissbrauch.
Da wundere ich mich über Nachrichtenmeldungen, es würden noch immer 74 Prozent der Bevölkerung hinter ihm stehen. Ich frage mich schon, welche 74 Prozent eigentlich gefragt wurden. Auf Facebook und Twitter soll es inzwischen sogar "Pro-Guttenberg"-Kampagnen geben, von wem auch immer diese initiiert wurden.
Aber ich finde es wenigstens stilecht, seinen Posten mit einer "Copy & Paste"-Aktion retten zu wollen...
Mittwoch, 23. Februar 2011 - Nachtrag zum Nachtrag:
Worüber ich allerdings nicht mehr lachen kann, ist die Reaktion unserer Bundeskanzlerin. Obwohl die Universität Bayreuth Herrn zu Guttenberg inzwischen den Doktortitel aberkannt hat, steht die Kanzlerin noch immer hinter ihm. Sie habe ihn schließlich "nicht als wissenschaftlichen Assisten"Demnach sind soziale Kompetenzen für dieses Amt unwichtig? berufen. Dass er bei der Abgabe seiner Doktorarbeit wider besseren Wissens ein schriftliches Ehrenwort abgegeben hat, seine Arbeit ohne fremde Hilfe selbst erstellt zu haben, spielt für sie keine Rolle.
Besonders fragwürdig finde ich ihren Standpunkt, weil sie noch im April 2008 zum "Welttag zum Schutz des geistigen Eigentums" ein leidenschaftliches PlädoyerOb sie diese Rede im April 2011 genau so wiederholen würde? zur Beachtung des Urheberrechtes gehalten hat.
Aber spätestens seit dieser RedeWahlkampflügen werden jetzt anscheinend gesellschaftsfähig wissen wir offiziell, dass die meisten Politker getreu dem Motto "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern" verfahren. Nur schade, dass die Wähler anscheinend nicht lernfähig sind.
Dienstag, 1. März 2011 - Zu guter Letzt:
Nun ist es soweit: Herr zu Guttenberg ist heute zurückgetreten. Endlich. Aber nicht, ohne sich vorher noch einmal über seine Kritiker zu beschweren. Der arme Mann! Wie kann man aber auch einen Politiker kritisieren, nur weil er mit zweierlei Maß misst? Politiker stehen schließlich über Recht und Gesetz und was für den kleinen Bürger gilt, das muss für einen Politiker noch lange nicht gelten.
Zum Abschluss dieses traurigen Kapitels möchte ich all denen, die die Ereignisse der letzten Wochen lediglich als "Hetzjagd" auf Herrn zu Guttenberg gesehen haben, eine weitere Aussage unserer Bundeskanzlerin präsentieren. Diese ist auch noch nicht so lange her. Es handelt sich dabei um eine Wahlkampfrede, in der Frau Merkel die umfassende Video-Überwachung ankündigt und sie damit rechtfertigt, dass man bereits das kleinste Vergehen registrieren und ahnden muss. Sonst wisse man schließlich irgendwann nicht mehr, wo man die Grenze zwischen "schlimm" und "nicht ganz so schlimm" ziehen müsse.
Liebe Frau Bundeskanzlerin: Bitte hören Sie sich Ihre eigene Aussage von damals noch einmal ganz in Ruhe an und dann denken Sie bitte darüber nach, wie Sie in den letzten Wochen im Fall zu Guttenberg reagiert haben. Fällt Ihnen etwas auf?
Abschließend komme ich noch mal zum ursprünglichen Thema zurück. All das wäre ohne Internet so nicht möglich gewesen:
- Ohne Internet hätte Herr zu Guttenberg seine Doktorarbeit nicht zusammenbekommen.
- Ohne Internet wäre seine Doktorarbeit bereits nach den ersten Vorwürfen nicht mehr öffentlich verfügbar gewesen.
- Ohne Internet hätte man ihm die kopierten Abschnitte nicht so schnell nachweisen können.
- Ohne Internet hätte sich diese Information nicht so schnell verbreitet.
- Ohne Internet hätten sich nicht so viele Menschen - pro und contra - öffentlich zum Thema äußern können.
- Ohne Internet wären frühere Aussagen einiger Politiker schneller in Vergessenheit geraten.
- Ohne Internet könnte ich jetzt an dieser Stelle nicht bekennen, dass ich von den neuen Möglichkeiten dieses relativ jungen Mediums einfach nur begeistert bin!
Montag, 22. März 2010 - Ich bin mal wieder über einen Zeitungsartikel gestolpert, der zeigt, wie schnell die Zeit vergeht. Und was für verrückte Dinge in der Welt passieren, die man vor ein paar Jahren noch für unmöglich gehalten hätte: Russland will Militärflugzeuge an die USA verkaufen!
Eine Woche später hätte ich diese Meldung für einen Aprilscherz gehalten. So hat sich die Welt verändert. Früher noch der Kapitalistenfeind schlechthin, so hat sich Russland mittlerweile selbst zu einem der größten Kapitalisten der Welt entwickelt. Der Mensch lernt schnell.
Insgesamt gesehen bin ich aber sehr froh, dass die Geschichte so und nicht anders verlaufen ist. Es hätte auch alles ganz anders kommen können und im Nachhinein wissen wir heute, dass wir in den letzten Jahrzehnten einige Male haarscharf an einer globalen Katastrophe vorbeigeschlittert sind. |
|
Für den kompletten Artikel bitte klicken Peiner Allgemeine Zeitung, 22.03.2010 |
Das nachfolgende Bild hat mir die Veränderungen besonders deutlich gezeigt:
Dieses Foto habe ich 1999 auf einem meiner Überlandflüge gemacht. Es zeigt den ehemaligen sowjetischen Militärstützpunkt bei MimoňInfo über Mimoň bei Wikipedia in der Tschechischen Republik. Die Sowjets wurden kurz zuvor abgezogen, daher ist der Flugplatz zu diesem Zeitpunkt leer. Ich konnte es mir nicht verkneifen, während des Überfluges einige Extrarunden zu drehen, damit ich ein paar schöne Erinnerungsfotos bekomme.
Ich habe meine Flugausbildung 1988 begonnen, da hätte ich mir so etwas noch nicht träumen lassen! Während der Ausbildung habe ich noch die sogenannte "ADIZInfo über die ADIZ bei Wikipedia" (Air Defense Identification Zone) entlang der Grenze zur DDR kennengelernt. Bei Einflug in diese Zone hätte man mich bereits von westlicher Seite zur Landung gezwungen. Ganz zu schweigen vom Überflug des oben gezeigten Flugplatzes! Dort wäre ich damals mit Sicherheit ohne Vorwarnung abgeschossen worden. Wenn ich denn überhaupt so weit gekommen wäre.
Aber früher hieß das Land auch noch "Tschechoslowakische Volksrepublik" und war Teil des "Warschauer Paktes", unserem damaligen Erzfeind.
Seit 1988 hat sich Deutschland wiedervereinigt, wurde der Warschauer Pakt aufgelöst, ist die Sowjetunion zerfallen, leider hat sich auch Tschechien von der Slowakei getrennt, doch letztendlich leben wir heute in einem friedlichen Europa und ich habe ein paar gute Freunde in Tschechien gefunden.
Ach ja, bevor ich es vergesse: Mnoho pozdravů na mé české přátele!
|